Freitag, 23. November 2012

Der Cellist von Sarajevo - Steven Galloway

Titel: Der Cellist von Sarajevo
Autor: Steven Galloway
Verlag: Luchterhand Literaturverlag
Seiten: 240
ISBN: 3630872794
Preis: nur noch über Zweithändler
Erscheinungsdatum: 15.09.2008


In einem Wort: "bedrückend"

Inhalt: 22 Menschen starben bei einem Angriff aus den Bergen durch eine Mörsergranate, als sie für Brot angestanden haben. Der Cellist wollte ebenso dort anstehen, entschied sich aber fürs Üben mit dem Cello und entging so dem Angriff. Er beschließt 22 Tage lang für jeden einzelnen Gestorbenen zu spielen und so sitzt er jeden Tag auf dem Platz und spielt für die Opfer. Von 1992 bis 1996 wurde die Stadt Sarajevo belagert und viele Menschen wurden getötet und die Stadt nahezu vollständig zerstört. Die Meisten mussten ohne Wasser und Strom und mit nur wenig zu Essen die lange Belagerung aushalten. Und immer im Hinterkopf: die nächste Granate könnte bei ihnen einschlagen oder sie könnten beim Wasser und Brot holen von Scharfschützen erschossen werden. Es wird von drei unterschiedlichen Menschen berichtet, die in diesem Chaos versuchen zu überleben.

Meinung: Das Buch lag noch gar nicht so lange auf meinem Sub, aber ihr kennt das ja: Die Neuesten werden meistens auch zuerst gelesen. *lach* Der Titel und der Klappentext hatte mich aber dermaßen gelockt, dass ich nicht anders konnte, als dieses Buch schnellstmöglich zu lesen. Generell interessieren mich Bücher, die über Geschehnisse der Vergangenheit sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern berichten. Wenngleich auch dieses Buch nicht den genauen Sachverhalt darstellt, so kann man jedoch einen sehr guten Eindruck von der damaligen Situation bekommen. Den Cellisten, so wird es auch nochmal am Ende des Buches erwähnt, gab es wirklich, wenngleich die Charakterisierung von ihm und den anderen Protagonisten erfunden ist. Jedoch beruht die Geschichte auf Aussagen von Zeitzeugen und die machen es dadurch nur um so realistischer.

Das Buch umfasst mehrere Personen, die die Belagerung auf ihre ganz persönliche Art und Weise erleben. Jeder von ihnen geht mit dem Krieg anders um: der eine zieht mit in den Krieg, der andere fühlt sich als Feigling und kümmert sich um seine Familie und wieder eine andere kämpft mit ihrem Gewissen, da sie als Scharfschützin unterwegs ist und sich jedes Mal fragt, ob sie das richtige tut. Und alle hören sie von dem Cellisten und seinem Mut sich 22 Tage mitten auf die Straße zu setzen. Er schafft es mit seinen Auftritten die Menschen ein wenig vom Alltag abzulenken, obwohl zeitgleich im Hintergrund immer noch der Krieg tobt und überall Bomben eingehen.


Die ganze Szenerie hab ich als überaus betrückend empfunden und gleichsam wiederum als schön, denn es ist so absolut widersprüchlich, dass sich inmitten eines Kriegsschauplatzes ein Cellist in voller Montur hinsetzt und für die Opfer spielt. Die Leute damals müssen das als höchst surreal und schön empfunden haben. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass der Cellist etwas mehr beleuchtet worden wäre. So richtig erfährt man nichts von ihm und das finde ich etwas schade. Um so mehr fand ich die Geschichten der verschiedenen Personen interessant. Jeder für sich hat seinen eigene Art mit der Situation umzugehen und man fragt sich unweigerlich selbst, was man wohl für ein Typ Mensch man sein würde. Gleichzeitig hofft man, dass man sowas nie erleben wird. Jeden Tag mit der Angst zu leben getötet zu werden, ist grausam. Überall saßen Scharfschützen und schossen auf Menschen, die für ihre Familie Wasser oder Brot holen wollten. Jede Straßenkreuzung wurde dabei zum "Roulette von Sarajevo", denn mal schoss der Schütze und mal nicht. Man konnte sich nie sicher sein.


Interessant war auch zu sehen, wie manche über sich hinauswachsen können. Auch das Ausland wurde in dem Buch natürlich adressiert und ein paar der Dinge, die geschrieben wurden, richteten sich dadurch indirekt an den Leser. Man fragte sich unweigerlich, warum einem diese Belagerung nicht in den Medien aufgefallen war. War man zu jung? Zu abgehärtet gegenüber dem Leid anderer? Oder hat man einfach vermieden hinzugucken? Aber was hätte man ausrichten können? Nicht viel vermutlich, und so kommt es, dass sich die Geschichte in den eigenen Kopf schleicht und man unterschiedliche Dinge empfindet. Von bedrückend bis schön ist alles vertreten und das machte das Buch auf jeden Fall lesenswert. Ich kann es wirklich jedem empfehlen zu lesen, der - so wie ich - ein bißchen an Geschichte interessiert ist, vor allem, wenn sie in einen schönen Roman verpackt ist.

1 Kommentar:

  1. Ui, das klingt sehr interessant. Ich habe noch nie von dem Buch oder dem Autor gehört, aber das werde ich mir definitiv merken.
    Danke dafür!

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